Die neue Grundsteuer: Der BFH hat entschieden, dass die neue Grundsteuer verfassungsmäßig ist.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hält die neue Grundsteuer für verfassungskonform und hat deshalb die Revision in den drei anhängigen Verfahren zurückgewiesen. Die wesentlichen Gründe für seine Entscheidung hat er am 10. Dezember 2025 in einer Pressemitteilung veröffentlicht. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG hat der BFH abgelehnt, weil dies voraussetzen würde, dass er von der Verfassungswidrigkeit überzeugt wäre. Die vollständigen Urteile werden erst Anfang des Jahres 2026 veröffentlicht.

In der Sache ging es um die Ermittlung des Grundsteuerwertes nach dem Bundesmodell, die in den §§ 218 ff des Bewertungsgesetzes (BewG) geregelt ist. In allen drei Verfahren handelte es sich um Wohnungen, deren Grundsteuerwerte im Ertragswertverfahren ermittelt worden waren. Der BFH hält das Ertragswertverfahren für verfassungskonform. Zur Begründung führt er folgendes aus:

Das Bewertungssystem orientiert sich an dem Verkehrswert und ist darauf angelegt, im Durchschnitt aller zu bewertenden Objekte den realen Grundstückswert annäherungsweise zu erfassen.

Die Heranziehung der Bodenrichtwerte verstößt nicht gegen realitäts- und relationsgerechte Bewertung. Die Typisierung bei Ermittlung der Bodenrichtwerte hat sich bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer bewährt. Sie wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass im Einzelfall Einwendungen gegen Ermittlung der Bodenrichtwerte vorliegen können.

Auch die Heranziehung pauschalierter Nettokaltmieten führt nicht zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung. Denn das Gesetz sieht eine vielfache Differenzierung nach Gebäudeart, Baujahr, Wohnfläche und Bundesland vor. Innerhalb eines Bundeslandes finden weitere Differenzierungen anhand der Mietniveaustufen statt. Da die Mietniveaustufen jeweils für eine gesamte Gemeinde gelten, unterbleibt zwar eine Differenzierung nach einzelnen Stadtteilen. Diese Ungleichbehandlungen sind jedoch durch das legitime Ziel eines weitgehend automatisierten Vollzugs der Grundsteuer verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Eine Lagedifferenzierung innerhalb einer Gemeinde wird zudem über die Bodenrichtwerte berücksichtigt. Außerdem hat der Steuerpflichtige die Möglichkeit, den Ansatz des niedrigeren gemeinen Wertes zu erreichen, indem er nachweist, dass der festgesetzte Grundsteuerwert den gemeinen Wert um mindestens 40 Prozent übersteigt (§ 220 Abs. 2 BewG).

Schließlich dürften unterschiedliche Grundsteuerwerte bei der Grundsteuer nur zu betragsmäßig überschaubaren Differenzen führen. Denn die Höhe der zu zahlenden Grundsteuer wird auch durch die Steuermesszahl und den Hebesatz beeinflusst. Da die Steuermesszahl für Wohnungen lediglich 0,31 Promille beträgt, wirken sich selbst größere Abweichungen vom festgestellten Grundsteuerwert auf der Ebene der Steuerfestsetzung eher gering aus.

Nach Auffassung des BFH hat der Gesetzgeber daher mit dem Ertragswertverfahren bei Abwägung der verschiedenen Ziele seinen Spielraum nicht überschritten. Insbesondere durfte der Gesetzgeber dem durch das Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Ziel, einen erneuten Bewertungsstau zu vermeiden, eine hohe Bedeutung beimessen.

Anmerkung

Wie schon die Finanzgerichte hat der BFH die starke, ja fast „brutale“ Typisierung durch das BewG damit gerechtfertigt, dass die Grundsteuer nur durch eine weitgehende Automatisierung der Bewertung vollzogen werden kann.

Die Verfassungswidrigkeit der neuen Grundsteuer ergibt sich m.E. daraus, dass der Gesetzgeber eine Bemessungsgrundlage gewählt hat, die sich in einem Massenverfahren nicht korrekt ermitteln lässt. Die Ermittlung des Verkehrswertes eines Grundstücks ist nicht einfach, weil fast jedes Grundstück irgendwelche Besonderheiten hat. Die Bodenrichtwerte und ihre Ermittlung stoßen ohnehin auf Unbehagen. Wenn man zusätzlich in § 247 BewG regelt, dass objetkspezifische Besonderheiten nicht berücksichtigt werden dürfen, mag dies zwar erforderlich sein, um eine automatisierte Bewertung zu ermöglichen. Dies zeigt jedoch, dass der Wert des Grundstücks keine geeignete Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer ist. Mit Erstaunen liest man den Hinweis des BFH, der Ansatz der Bodenrichtwerte habe sich ja bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer bewährt. Aber für die Schenkung- und Erbschaftsteuer hat man gem. § 198 BewG die Möglichkeit, den niedrigeren Verkehrswert nachzuweisen.

Die Ungenauigkeit der Grundsteuerwerte hat der BFH auch damit gerechtfertigt, dass für Wohngrundstücke die Steuermesszahl nur 0,31 Promille beträgt und sich Differenzen des Grundsteuerwertes zum Verkehrswert nur in geringem Umfang auswirken. Für Nichtwohngrundstücke, die im Sachwertverfahren bewertet werden, ist die Steuermesszahl allerdings höher und beträgt nach § 15 Abs. 1 GrStG 0,35 Promille. Einige Bundesländer haben außerdem die Steuermesszahl für Nichtwohngrundstücke weiter angehoben, um Wohngrundstücke zu entlasten. So hat beispielsweise Berlin die Steuermesszahl für Nichtwohngrundstücke mit dem Berliner Grundsteuermesszahlengesetz (BlnGrStMG) vom 27.06.2024 auf 0,45 Promille angehoben. Man muss sich daher fragen, ob der BFH für Nichtwohngrundstücke anders entscheiden würde.

Den Klägern bleibt nichts übrig, als Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht einzulegen. Wenn Einspruch eingelegt hat, sollte deshalb den Einspruch nicht zurücknehmen. Sollte das Bundesverfassungsgericht das Gesetz für verfassungswidrig erklären oder bestimmte Änderungen verlangen, kann man dies nur im Wege einer fehlerbeseitigende Wertfortschreibung geltend machen, wenn man keinen Einspruch eingelegt oder seien Einspruch zurückgenommen hat. Dies würde sich aber erst für den darauffolgenden Jahresanfang auswirken. Außerdem wäre erforderlich, dass die Schwelle von 15.000 Euro überschritten wird.

Der Gesetzgeber ist verfassungsrechtlich verpflichtet, für die Grundsteuer eine Bemessungsgrundlage zu wählen, die auch in einem Massenverfahren praktikabel und zugleich zutreffend ermittelt werden kann.

Ansprechpartner

Bundesverband

Rechtsberater Referat Steuern

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