Umsatzsteuerpflichtige Vermietung von Teileigentum bei WEG-Anlagen

BGH, Urteil v. 15.01.2025 - XII ZR 29/24

Der Eigentümer eines Teileigentums ist nur dann zum Abzug der in den Nebenkosten enthaltenen Umsatzsteuer berechtigt, wenn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) auf die Umsatzsteuerfreiheit der Leistungen nach § 4 Nr. 13 UStG verzichtet hat.

Ist der Eigentümer nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, darf er dem Mieter den Bruttobetrag der Nebenkosten zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung stellen, wenn er in dem Mietvertrag zur Umsatzsteuer optiert hat.

Der Fall

Die Klägerin betrieb einen Friseursalon in einem gemieteten Teileigentum. In dem Mietvertrag mit dem Eigentümer war geregelt, dass sie die Miete und die Nebenkosten zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer zu zahlen hat. Bei Abrechnung der Betriebskosten stellte der Vermieter ihr die Nebenkosten brutto (einschließlich der darin enthaltenen Umsatzsteuer) zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer von 19 Prozent in Rechnung. Hiergegen wandte sich die Klägerin, da sie meinte, sie zahle die Umsatzsteuer doppelt. Der Vermieter habe die Kosten, in denen bereits die Umsatzsteuer enthalten war, in vollem Umfang auf sie umgelegt und darauf noch einmal Umsatzsteuer berechnet.

Das AG gab der Klage statt. Das LG wies die Klage ab.

Die Entscheidung des BGH

Der BGH wies die Revision der Mieterin mit folgender Begründung zurück:

Der Vermieter war berechtigt, der Mieterin die Miete und die Nebenkosten zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen, weil er mit dem Mietvertrag wirksam auf die Umsatzsteuerfreiheit der Vermietung verzichtet hatte (Option).  Er war nicht verpflichtet, die Nebenkosten zuvor rechnerisch von der Umsatzsteuer zu entlasten und der Mieterin nur die Nettokosten – zuzüglich Umsatzsteuer – in Rechnung zu stellen. Denn er selbst war nicht berechtigt, diese Umsatzsteuer als Vorsteuern von seiner Umsatzsteuerschuld abzuziehen. Hierzu wäre erforderlich gewesen, dass die GdWE auf die Umsatzsteuerfreiheit ihrer Leistungen an den Eigentümer der Wohnung nach § 4 Nr. 13 UStG verzichtet hat. Dies war aber nicht der Fall.  Der Eigentümer war daher mit den Nebenkosten zuzüglich der Umsatzsteuer belastet und durfte diese Bruttokosten der Mieterin zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung stellen.

Anmerkung

Die umsatzsteuerliche Gestaltung bei Teileigentum in WEG-Anlagen ist schwierig. Häufig wird übersehen, dass die GdWE in der Umsatzsteuer ein eigenständiger Unternehmer ist, der Leistungen an die Eigentümer erbringt, indem er ihnen das Gemeinschaftseigentum zur Verfügung stellt und instand hält. Außerdem liefert die GdWE Wärme und Wasser. Die Leistungen unterliegen der Umsatzsteuer, sind aber durch § 4 Nr. 13 UStG von der Umsatzsteuer befreit.  Die GdWE ist deshalb gem. § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht zum Abzug der in den Eingangsrechnungen enthaltenen Umsatzsteuer als Vorsteuer berechtigt und stellt deshalb den Eigentümern die Nebenkosten normalerweise ohne Ausweis der darin enthaltenen Umsatzsteuer brutto in Rechnung.

Wenn der Eigentümer sein Teileigentum für gewerbliche Zwecke verwendet, die umsatzsteuerpflichtig sind, und er zum Abzug der Vorsteuern berechtigt ist, möchte er auch die Umsatzsteuer, die in den Leistungen an die GdWE enthalten ist, als Vorsteuer abziehen. Wirtschaftlich macht sich dies insbesondere bemerkbar, wenn die GdWE größere Instandhaltungsarbeiten durchführen lässt. Gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG benötigt er dafür eine Rechnung über diese Leistungen mit offenem Ausweis der Umsatzsteuer. Einige WEG-Verwaltungen meinen, hierzu würde es ausreichen, wenn sie dem Eigentümer eine Kopie der betreffenden Rechnung zur Verfügung stellen, da in diesen die Umsatzsteuer offen ausgewiesen ist. Dies funktioniert jedoch nicht, weil die Rechnungen nicht den Eigentümer als Empfänger der Leistung ausweisen, sondern die GdWE. In der Umsatzsteuer ist die GdWE jedoch – anders als in der Einkommensteuer – ein selbständiger Unternehmer. Voraussetzung ist daher, dass die GdWE selbst auf die Umsatzsteuerfreiheit ihrer Leistung an den Eigentümer verzichtet (Option). Dann unterliegen ihre Leistungen an den Eigentümer zwar der Umsatzsteuer. Sie kann die in den Eingangsrechnungen enthaltenen Umsatzsteuern jedoch als Vorsteuer abziehen. Aufgrund ihrer Option muss sie dem Eigentümer ihre Leistungen zuzüglich der Umsatzsteuer in Rechnung stellen. Aufgrund dieser Rechnung kann der Eigentümer die betreffende Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen, sodass er im Ergebnis nur mit den Nettokosten belastet ist.

Die Umsatzsteuer für Leistungen, die an das Sondereigentum erbracht werden, kann der Eigentümer aufgrund der an ihn gerichteten Rechnung abziehen. Denn im Hinblick auf diese Leistungen ist er selbst Empfänger der Leistungen.

Vermietetes Teileigentum

Nutzt der Eigentümer das Teileigentum nicht selbst, sondern vermietet er sie, möchte der Mieter die Umsatzsteuer für die auf ihn umgelegten Betriebskosten als Vorsteuer abziehen, soweit diese Kosten Umsatzsteuer enthalten. Kann der Vermieter auch Instandhaltungskosten auf den Mieter umlegen, will der Mieter natürlich auch die darin enthaltene Umsatzsteuer abziehen.

Hierzu ist zunächst erforderlich, dass der Vermieter auf die Steuerfreiheit der Vermietung nach § 4 Nr. 12 a UStG verzichtet und zur Umsatzsteuer optiert. Dann kann der Mieter die Umsatzsteuer, die ihm der Vermieter für die Miete und die Nebenkosten in Rechnung stellt, als Vorsteuer abziehen.

Damit der Vermieter die Umsatzsteuer, für die Leistungen, die ihm die GdWE in Rechnung stellt, abziehen kann, ist aber erforderlich, dass auch die GdWE auf die Umsatzsteuerfreiheit verzichtet und ihm ihre Leistungen zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung stellt. Wenn die GdWE nicht zur Umsatzsteuer optiert hat, kann der Eigentümer die Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehen und ist mit den Bruttokosten belastet. Wie der BFH in dem vorliegenden Fall entschieden hat, darf er in diesem Fall dem Mieter die Nebenkosten brutto in Rechnung stellen und darauf die Umsatzsteuer berechnen.  Dadurch wird die Umsatzsteuer von dem Mieter zwar nicht doppelt gezahlt, der Mieter wird aber im Ergebnis trotz der Option in dem Mietvertrag nicht von der Umsatzsteuer auf die Nebenkosten entlastet.

Die Option der GdWE

Für die Option der GdWE sind einige Besonderheiten zu beachten. Zivilrechtlich ist zunächst zu bedenken, dass der Verwalter über die Option nicht eigenständig entscheiden darf, sondern hierzu die Zustimmung der Eigentümer benötigt.

In der Regel ist die GdWE Kleinunternehmer i.S. des § 19 UStG, weil die Summe der umsatzsteuerpflichtigen Umsätze die Grenze des § 19 Abs. 1 UStG nicht überschreitet. Damit der Verzicht auf die Umsatzsteuerfreit der Leistungen an die Eigentümer nach § 4 Nr. 13 UStG wirksam wird, muss die GdWE daher auch auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung verzichten (Doppeloption). Dies hat zur Folge, dass auch andere Leistungen der GdWE steuerpflichtig werden, die bisher nur wegen der Kleinunternehmerregelung umsatzsteuerfrei waren. Dabei handelt es sich etwa um die Vermietung von Gemeinschaftseigentum wie ehemaligen Waschküchen oder Wagenabstellplätzen.

Ob der Verwalter der GdWE berechtigt ist, die Umsatzsteuererklärung für die GdWE abzugeben, ist fraglich. In der Regel beauftragt der Verwalter daher damit eine Steuerberatung. Üblicherweise wird deswegen in dem Beschluss der Eigentümer über die Option zugleich bestimmt, dass der begünstigte Eigentümer die Kosten für den Steuerberater tragen muss.

Die Option der GdWE kann auf die Leistungen an den einzelnen Eigentümer beschränkt werden. Die GdWE muss die Option nicht einheitlich für alle Eigentümer erklären.

Außerdem muss die Option nicht für sämtliche Leistungen der GdWE an den betreffenden Eigentümer erklärt werden. Umsatzsteuerfreie Leistungen wie die Grundsteuer, Versicherungen und Abfallgebühren können von der Option ausgenommen werden. Die Leistungen der GdWE unterliegen bei der Option nicht einheitlich dem Umsatzsteuersatz von 19 Prozent, sondern dem jeweils für diese Leistung geltenden Steuersatz. So stellt die GdWE dem Eigentümer die Lieferung von Wasser mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent in Rechnung, die Leistung des Reinigungsdienstes dagegen mit 19 Prozent.

Bei einem Mietverhältnis ist die Rechtslage dagegen anders. Auch bei der Vermietung kann die Option zwar auf einzelne Mietverhältnisse beschränkt werden und muss nicht für sämtliche Mietverhältnisse in dem Gebäude ausgesprochen werden. Nutzt der Mieter die Räume für unterschiedliche Zwecke, kann die Option sogar auf einzelne Räume innerhalb des Mietverhältnisses beschränkt werden. Hat der Vermieter gegenüber einem Mieter auf die Umsatzsteuerfreiheit der Vermietung verzichtet, bezieht sich der Verzicht aber auf sämtliche Leistungen, also auf die Miete und sämtliche Nebenleistungen. Dies gilt auch für Leistungen, die von Hause aus nicht der Umsatzsteuer unterliegen wie beispielsweise die Grundsteuer und Versicherungen. Außerdem unterliegen sämtliche Nebenleistungen demselben Steuersatz wie die Miete, also dem Regelsteuersatz von 19 Prozent. Dieser Unterschied ergibt sich daraus, dass bei einem Mietverhältnis die Nebenleistungen unselbständige Nebenleistungen der Vermietung darstellen und deshalb einheitlich zusammen mit der Miete zu behandeln sind. Bei den Leistungen der GdWE an die Eigentümer gibt es dagegen keine vergleichbare Hauptleistung, sodass die Nebenleistungen jeweils eigenständig zu beurteilen sind.

Ansprechpartner

Bundesverband

Rechtsberater Referat Steuern

Der Beitrag Umsatzsteuerpflichtige Vermietung von Teileigentum bei WEG-Anlagen erschien zuerst auf IVD.

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